Im März 2016 präsentierte Hyundai am Genfer Autosalon der Weltöffentlichkeit den Ioniq in 3-facher Ausführung. Rein elektrisch, als Hybrid sowie als Plug-In Hybrid. Seit ca. einem halben Jahr sind nun die ersten beiden Ausführungen auf dem Markt, der Plug-In Hybrid wird voraussichtlich erst am Mitte 2017 verfügbar sein. Wir von ElektroautoCoach stehen dem Hybridantrieb grundsätzlich eher kritisch gegenüber. Daher haben wir uns auf die rein elektrische Variante konzentriert und diese einer Probefahrt unterzogen.
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Der Ioniq gehört von den Abmessungen her zur Mittelklasse und ist mit einer Länge von 4.47m etwa 21 cm länger als ein Golf. Beim Aussehen fällt eine gewisse Ähnlichkeit zum 2016 Toyota Prius auf. Glücklicherweise hat Hyundai bei der Linienführung unserer Meinung nach ein besseres Händchen bewiesen und so kommt der Ioniq ganz gefällig und unaufgeregt daher.
Trotzdem hat auch der Ioniq ein paar Details, die verraten, dass die Ingenieure sehr grossen Wert auf die Windschlüpfrigkeit gelegt haben. Das offensichtlichste Beispiel ist die Heckpartie mit dem die Heckscheibe überquerenden Flügel. Wahnsinnig elegant finden wir persönlich ein solches Heck nicht gerade, aber diese und andere Design-Massnahmen führen schlussendlich zu einem cw-Wert von 0.24, womit der Ioniq zu den windschlüpfrigsten Fahrzeugen seiner Klasse gehört.
Dass sich dies positiv auf den Verbrauch resp. die Reichweite auswirkt, dürfte klar sein. Wieviel dies jedoch ausmacht, darauf werden wir ein wenig später eingehen.
Während bei einem Verbrenner die Front des Fahrzeugs durch den Kühlergrill dominiert wird, fällt diese Aufgabe beim Ioniq einer grauen Plastikabdeckung zu, auf der mittig das Hyundai Logo eingelassen ist. Ein Eyecatcher sind die kupferfarbenen Zierelemente, die sowohl aussen wie auch im Inneren des Autos zu finden sind. Sie sind eine Anlehnung an die Kupferspulen im Elektromotor und bei den weissen, grauen und schwarzen Aussenfarben erhältlich. Entscheidet man sich für die blaue, orange oder gelbe Aussenfarbe, sind die Farbakzente silber statt kupfer.
Sowohl auf den vorderen wie auch den hinteren Plätzen finden die Passagiere genügend Platz. Der Ioniq ist allerdings eher als Viersitzer konzipiert, denn in der Mitte des Rücksitzes befindet sich die runterklappbare Mittelarmlehne, weshalb der Wohlfühlfaktor auf diesem Platz auf längeren Strecken eher tief einzuordnen ist. Auf den Rücksitzen ist die Kopffreiheit aufgrund der abfallenden Dachlinie ein wenig eingeschränkt. Personen, die grösser als 185 cm sind, dürften sich deshalb in der ersten Sitzreihe wohler fühlen.
Die Vordersitze sind bequem, nicht allzu stark konturiert, aber für diese Fahrzeugkategorie ganz in Ordnung. Ein wenig bieder mutet die Musterung der Stoffsitze an.
Die Koreaner haben dem Ioniq ein ganz gefälliges Cockpit verpasst. Die Verarbeitung ist gut und die Anordnung und Funktionsweisen der Tasten ziemlich selbsterklärend. Nur beim "Ganghebel" scheiden sich die Geister: Statt eines konventionellen Hebels, sei es in der Mittelkonsole oder an der Lenkradsäule, entschieden sich die Hyundai-Ingenieure für die Gangwahl per Tastendruck. Das mag zwar modern aussehen und funktioniert eigentlich ziemlich reibungslos, trotzdem hat uns der Ansatz nicht wirklich überzeugt.
Auf der Mittelkonsole hat unter anderem auch eine Taste für die drei verschiedenen Fahrmodi Eco, Normal und Sport. Wählt man den Sport-Modus, wird in der digitalen Instrumentenanzeige aus dem normalen Tacho eine Power-Anzeige in %, während die Geschwindigkeit als Zahl in der Mitte des Tachos dargestellt wird.
In der Mitte des Armaturenbretts befindet sich ein 8-Zoll LCD Touchscreen mit Navi, Bluetooth Anbindung, DAB+ Radio, Apple CarPlay und Android Auto.
Das System kann die Verwandschaft zum Kia Soul EV nicht leugnen, gehören Hyundai und Kia doch zur selben Firmengruppe. Es erfüllt zwar seinen Zweck, aber trotzdem wirkt es ein wenig in die Jahre gekommen. Da gibt es andere Lösungen, die wesentlich frischer und moderner daherkommen. Es gibt aber auch schlechtere, dass sei hier fairerweise auch noch erwähnt.
Sowohl in der Mittelkonsole wie auch in den Türen finden sich schliesslich reichlich Ablageflächen.
Zum Starten des Ioniq Electric wollen zwei Knöpfe betätigt werden: Zuerst der Startknopf, danach wählt man auf der Mittelkonsole die Fahrstufe D. Der Elektromotor leistet 88 kW (120 PS) und ein Drehmoment von 295 Nm. Dadurch beschleunigt der Ioniq in 9.9 Sekunden auf 100 km/h. Die Beschleunigung fühlt sich allerdings zügiger an, als die 9.9 Sekunden vermuten lassen würden.
Das Fahrverhalten des Ioniq ist sauber und die Lenkung direkt. Nur bei höheren Geschwindigkeiten auf der Autobahn wirkt sie ein wenig schwammig. Apropos Autobahn, sollten Sie mal einen Abstecher nach Deutschland machen, so kann man dort den Ioniq mit einer Höchstgeschwindigkeit von 165 km/h rennen lassen. Wie bei jedem Auto, egal ob Stromer oder Verbrenner, steigt in diesem Tempobereich der Energieverbrauch natürlich beachtlich. Um gerade auf langen Strecken ein optimales Verhältnis zwischen Fahr- und Ladezeit zu erreiche, dürfte einem eine Höchstgeschwindigkeit von 120-130 km/h unter dem Strich schneller ans Ziel bringen. Trotzdem ist es gut zu wissen, dass man im Ioniq im Bedarfsfall auch mal sehr flott unterwegs sein kann.
In den Kurven wankt die Karosserie nur wenig und auch hier überzeugt das Fahrverhalten. Die Vorderräder bringen die Kraft gut auf die Strasse. Lediglich bei nassem Fahrbelag oder wenn man beim Abbiegen aus dem Stand abrupt und sehr stark beschleunigt suchen die Vorderräder nach Grip.
Der Ioniq ist mit einigen elektronischen Helfern ausgerüstet. Ein Automatisches Notbremssystem inklusive Frontkollisionswarnung, adaptiver Tempomat, Spurhalteassistent und der Totwinkelassistent, der in der teureren Launch Plus Ausstattungslinie enthalten ist.
Die offizielle Reichweite gemäss NEFZ beträgt 280 km. Da die Batterie eine Kapazität von 28 kWh aufweist, ergäbe dies einen durchschnittlichen Verbrauch von gerade mal 10 kWh je 100 km. Ein solch tiefer Verbrauch ist möglich, allerdings nur in der Stadt oder bei Fahrten Überland im Eco-Modus und abgeschalteter Klimaanlage.
Bei einem Mix zwischen Überland und Autobahn bewegt sich der Verbrauch so um die 12 kWh, was eine realistische Reichweite von 235 km ergibt. Bei reiner Autobahnfahrt verbraucht der Ioniq etwa 150 kWh auf 100 km, was immerhin noch eine Reichweite von 190 km ergibt. Dies ist sehr bemerkenswert, wenn man bedenkt, dass die Batteriekapazität des Ioniq lediglich 28 kWh beträgt. Aber durch den niedrigen cw-Wert von 0.24 in Kombination mit dem relativ tiefen Gewicht von 1550 kg haben es die Hyundai Ingenieure geschafft, ein sehr effizientes Fahrzeug zu bauen.
Ebenfalls positiv aufgefallen ist uns die Tatsache, dass die Reichweitenanzeige im Ioniq ziemlich realistisch ist. Man kommt in der Realität oftmals sogar noch ein wenig weiter, als das Fahrzeug vorhersagt.
Der Ioniq hat eine ziemlich grosse Klappe! Also eine ziemlich grosse Ladeklappe. Sie befindet sich links am Fahrzeug, oberhalb des Hinterrads. Darunter verbirgt sich nicht etwa ein CHAdeMO Anschluss, wie man das bei einem asiatischen Auto vermuten könnte. Nein, die Koreaner haben den Ioniq mit dem sehr europäischen CCS Anschluss ausgestattet. Damit kann der Ioniq unterwegs mit bis zu 70 kW DC-Schnellladen. So ist die Batterie an den gängigen 50 kW Säulen in rund 30 Minuten zu 80 % voll. Kann die volle Ladeleistung des Ioniq genutzt werden, z.B. an einer Ladestation mit 100 kW, reduziert sich die Ladezeit für 80 % auf etwa 23 min.
Wenn's mal nicht so eilt, kann das Fahrzeug mit 3.7 kW am Wechselstrom aufgeladen werden. Entweder via Typ 2 Anschluss an einer öffentlichen Ladestation oder daheim an der Wallbox. So kann der Ioniq in 6-8 Stunden geladen werden. Als Notlösung kann der Ioniq auch in 12-15 Stunden via Haushaltssteckdose versorgt werden.
Mit einem Fassungsvermögen von 455 Liter spielt der Kofferraum des Ioniq Electric in einer ähnlichen Liga wie ein Golf. Die Rücksitze lassen sich im Verhältnis 1/3 und 2/3 umlegen, wodurch das Ladevolumen auf 1410 Liter anwächst. So weit so gut. Einzig die relativ schmale Kofferraumöffnung kann unter Umständen beim Beladen von grösseren Gegenständen zum Hindernis werden.
Unter dem Kofferraumboden bieten zwei Fächer noch weiteren Stauraum. Allerdings nur in sehr begrenztem Masse. Der Grund hierfür liegt in der Batterie, die unter dem Kofferraum verbaut ist. An solchen Details merkt man den Kompromiss, den Hyundai mit seiner 3-fach motorisierten Ioniq Plattform eingehen musste. Bei einer reinen Elektroplattform hätte Hyundai die Batterie in den Unterboden zwischen den Radachsen platzieren können, wie das beim Tesla oder auch beim Kia Soul EV der Fall ist. Diese Bauweise ergibt nicht nur einen optimal tiefen Schwerpunkt, sondern offeriert auch möglichst viel nutzbaren Raum für die Insassen resp. ihr Gepäck.
Der Hyundai Ioniq Electric ist in der Schweiz in zwei Versionen verfügbar. Ausführung Launch kostet CHF 36'990, Launch Plus ist für CHF 40'590 erhältlich. Launch Plus bietet zum Beispiel LED statt Halogenscheinwerfer, Ventilation für die zweite Sitzreihe, Totwinkelassistent und mehr.
Nebst einer Metallic-Lackierung für CHF 800 kann dann nur noch das Swiss LUX Paket geordert werden, dann ist die Aufpreisliste auch bereits fertig. Das Swiss Lux Paket beinhaltet ein Glasschiebedach, Ledersitze, beheizte zweite Sitzreihe, Sitzbelüftung vorne, etc. Mit einem Listenpreis von CHF 43'890 erhält man also einen vollausgestatteten Ioniq, mehr geht nicht.
Wenn Sie heute einen Ioniq Electric bestellen, müssen Sie mit einer Wartezeit von gegen 12 Monate rechnen. So der Grundtenor, wenn man sich beim Hyundai nach der Verfügbarkeit des Elektrowagens erkundigt. Der lapidare Grund: Hyundai hat die Nachfrage unterschätzt und hat deshalb Produktionsengpässe. Hier braucht man kein Hellseher zu sein, um herauszufinden, dass der Engpass bei der Batterie liegt.
Gemäss einem Bericht von Business Korea hat Hyundai beim Lieferanten LG Chem ursprünglich gerade mal 6000 - 7000 Batteriepacks bestellt und ist nun durch die grosse Nachfrage überrumpelt worden.
Wie Anfang Juni zudem bekannt wurde, wollen die Koreaner nun die monatliche Produktionsmenge von bisher 1200 Fahrzeugen auf neu 1800 erhöhen. Die Hälfte der zusätzlichen Produktion ist anscheinend für den Südkoreanischen Heimmarkt bestimmt, während die andere Hälfte für die ausländischen Märkte, primär Europa und USA, vorgesehen ist.
Es ist also wahrscheinlich, dass die aktuellen Lieferfristen von 12 Monaten in Zukunft kürzer ausfallen werden. Es wird sich allerdings weisen, in welchem Masse dies zu einer Kürzung der Lieferfristen beiträgt.
Es ist schon beeindruckend, wie es Hyundai geschafft hat, aus der relativ kleinen 28 kWh Batterie eine Alltagsreichweite von rund 240 km rauszukitzeln.
Das wirklich Erfreuliche daran ist aber die Tatsache, dass man in diesem Sparweltmeister nicht auch automatisch asketisch unterwegs sein muss. Im Gegenteil. Es macht wirklich Spass, den Ioniq zu fahren, denn er glänzt mit solider Verarbeitung, guten Fahreigenschaften und einer umfangreichen Ausstattung.
Der Ioniq bietet mit einem Basispreis von knapp CHF 37'000 im Mittelklassesegment ein tolles Preis-/ Leistungsverhältnis. Der einzige wirkliche Wehmutstropfen ist die aktuell noch sehr lange Lieferzeit, aber die neusten Meldungen aus Korea lassen hoffen, dass sich dies allmählich bessern sollte.