Hat der Verbrennungsmotor noch Optimierungspotential?

 

Gewisse Leute sind immer noch der Meinung, der Verbrennungsmotor hätte sein Potential noch nicht ausgeschöpft und werde noch sparsamer und umweltfreundlicher. Es ist jedoch so, dass die vermeintlichen Verbrauchsoptimierungen der letzten Jahre hauptsächlich auf dem Papier stattfanden. So wurden die Abweichungen zwischen den realen CO2 Emissionen und den offiziellen Zulassungswerten gemäss NEFZ-Testzyklus in den vergangenen Jahren immer grösser. Lag der durchschnittliche reale Verbrauch im Jahr 2001 noch 8.2 % höher als der NEFZ-Wert, hat sich dies über die Jahre kontinuierlich erhöht. Im 2014 lag der reale Verbrauch um sage und schreibe 36.6 % über dem offiziellen NEFZ-Wert.

Dies hängt unter anderem damit zusammen, dass die Technik des Verbrennungsmotors nach über 100 Jahren schon weitestgehend optimiert ist. Echte technische Fortschritte werden also immer kleiner, verursachen für die Hersteller aber gleichzeitig immer höhere Kosten.

 

Da ist es natürlich verlockend, sich statt auf echte Verbesserungen auf die Optimierung der NEFZ-Testverbräuche zu konzentrieren. Durch abgeklebte Spalten, möglichst schmale und maximal aufgepumpte Reifen, abmontierte Spiegel sowie viele andere Tricks dies- und jenseits der erlaubten Spielregeln (#Dieselgate) werden so auf dem Prüfstand Verbräuche erreicht, die sich im realen Leben nie und nimmer replizieren lassen.

 

Die Automobilhersteller können so weiterhin ihren CO2-Werte ihrer neuen Fahrzeuge gemäss NEFZ-Testzyklus senken und der gutgläubige (oder naive?) Konsument hat das Gefühl, er kaufe ein sehr sparsames und umweltfreundliches Fahrzeug.

CO2 Emissionen Zulassungs- vs. Real-World-Werte (Quelle: ICCT, From Laboratory to Road)
CO2 Emissionen Zulassungs- vs. Real-World-Werte (Quelle: ICCT, From Laboratory to Road)

Veraltete Technik

Der durchschnittliche Wirkungsgrad eines Verbrennungsmotors beträgt trotz seiner „ausgereiften“ Technik lediglich etwa 16 %. Manche Hersteller kolportieren zwar Wirkungsgrade von 35 % oder noch mehr. Dabei handelt es sich aber um Werte, die nur für einen ganz kleinen Bereich des Motorkennfelds gelten. Da die Motoren im echten Leben aber sehr häufig im Teillast-Bereich und daher praktisch nie in diesem optimalen Bereich gefahren werden, ist dieser Wert eher von akademischer Natur. Tatsache ist und bleibt, dass der durchschnittliche Wirkungsgrad mit etwa 16 % eigentlich beschämend schlecht ist.

 

Dazu ein kleines Beispiel:

Herr S. Tinker tankt sein Auto für CHF 80.00 an der Tankstelle voll. Von diesen CHF 80.00 sind 84% oder CHF 67.00 eigentlich aus dem Fenster geworfen. Denn dieser Teil der Energie wird in relativ nutzlose Abwärme umgewandelt. Lediglich CHF 13.00 oder eben 16 % der im Treibstoff vorhandenen Energie werden in Vortrieb umgesetzt.

 

Jede andere Maschine oder jedes andere System mit einem solch miserablen Wirkungsgrad würden wir vermutlich als unausgereift zurückweisen, aber beim Verbrennungsmotor haben die meisten Leute immer noch das Gefühl, wie super effizient und fortschrittlich sie unterwegs sind.

 

Vergleicht man dies mit einem Elektromotor, dessen Wirkungsgrad über 90 % liegt, wird deutlich, dass die Schwächen und die Ineffizienz des Verbrennungsmotors system- bzw. konstruktionsbedingt sind.

Tricksende Hersteller

Die Autohersteller sind sich dieser Problematik natürlich längst bewusst. Nun hat der Gesetzgeber aber kontinuierlich sinkende Grenzwerte für CO2 Emissionen festgelegt. So gilt ab 2020 ein Grenzwert von 95g CO2/km für Neuzulassungen. Bei Überschreitung drohen den Herstellern empfindlich hohe Strafzahlungen. Damit sie nun den durchschnittlichen CO2-Wert ihrer Fahrzeugflotte weiter senken können, wird zu verschiedenen Tricks gegriffen.

 

Nebst der vorhin beschriebenen Optimierung bei der Zulassung eines neuen Fahrzeugmodells haben die Hersteller eine neue Wunderwaffe im Kampf gegen das böse CO2 entdeckt: Plug-In Hybridfahrzeuge. (Mehr zum Thema finden Sie übrigens in unserer Sektion Hybridfahrzeuge.)

 

Diese erzielen im NEFZ-Testzyklus (und leider auch nur da) durch das Zusammenspiel von Elektro- und Verbrennungsmotor beachtlich tiefe, zweistellige CO2 Werte pro km. Denn der Energieverbrauch des Elektromotors wird überhaupt nicht berücksichtigt. Als Aussenstehender kann man sich nur darüber wundern, wie wohl die NEFZ-Testvorschriften für Hybridfahrzeuge zustande gekommen sind.

 

Indem die Hersteller solche "verbrauchsarme" Hybridfahrzeuge unter die Leute bringen, können sie gleichzeitig schwere und spritschluckende SUVs verkaufen, während die durchschnittlichen CO2 Emissionen über die gesamte Flotte betrachtet auf wundersame Art und Weise Jahr für Jahr weiter sinken.

 

Ein Schelm, wer Böses denkt…